Corona-Krise führt zu Streit um Rentenerhöhung

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Die Corona-Krise sorgt für Streit um die zukünftige Rentenpolitik. Wirtschaftsexperten und Arbeitgeberverbände fordern mit Verweis auf die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie eine Halbierung der geplanten Rentenerhöhungen. Gewerkschaften kritisieren die Forderungen als arbeitnehmerunfreundlich.

Der weitgehende Lock Down der deutschen Wirtschaft hat massive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Hunderttausende Unternehmen haben Kurzarbeit angemeldet, die Arbeitslosenzahlen steigen. Millionen Arbeitnehmer machen sich erhebliche Sorge um ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen.

Bessere Aussichten haben hingegen 20 Millionen deutsche Rentner. Im Juli sollen die Rentenansprüche um 3,45 Prozent im Westen und 4,2 Prozent im Osten Deutschlands deutlich steigen. Ökonomen und Arbeitgeberverbände fordern, mit Verweis auf die Folgen der Corona-Krise, eine fairere Lastenverteilung und plädieren dafür, die geplante Rentenerhöhung zu halbieren. Das arbeitgebernahe Kölner Wirtschaftsforschungsinstitut IW argumentiert, dass durch diese Maßnahme eine „intergenerative Lastenverschiebung“ infolge der Pandemie vermieden werden könne.

„Die Rentenkasse ließe sich durch eine Halbierung der Rentenerhöhung um schätzungsweise gut 3 Milliarden Euro entlasten. Wenn sich in den Folgejahren die Wirkungen der Corona-Krise in den der Rentenanpassung zugrundeliegenden Rechengrößen niederschlagen, kann das Nachholen der ausgelassenen Rentenerhöhung helfen, die Entwicklung der gesetzlichen Renteneinkommen zu verstetigen“, heißt es in dem Papier des IW-Forschers Jochen Pimpertz. Sollte die geplante Rentenanpassung hingegen nicht gekürzt oder zeitlich gestreckt werden, könnten laut dem Kölner Wirtschaftsforschungsinstitut IW die Kosten zur Bewältigung der Corona-Krise in der Rentenversicherung zu einer „asymmetrischen Lastverteilung auf Kosten der Steuer- und Beitragszahler“ führen.

Gewerkschaften kritisieren Forderungen der Arbeitgeber

Bei den Arbeitnehmervertretern des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) kommen die Forderungen aus der Wirtschaft nicht gut an. „Dieser Vorstoß der Arbeitgeber führt in unsicheren Zeiten nur unnötig zu weiterer Verunsicherung und Zukunftsängsten“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Das ist nichts anderes als eine verdeckte dauerhafte Rentenkürzung.“ Die Forderungen der Wirtschaft zeigten aus Sicht der Gewerkschafter einen Mangel an Solidarität der Arbeitgeber. „Den Gewinn dieser Aktion streichen zur Hälfte die Arbeitgeber und Unternehmen ein, über die gerade mit den Steuergeldern der Rentnerinnen und Rentner und der Beschäftigten ein gewaltiger Rettungsschirm gespannt wird“, so Buntenbach.

Auch Rentenexperten wie Sven Thieme sind skeptisch gegenüber den Forderungen der Arbeitgeberverbände. Es sei in Zeiten der Verunsicherung kontraproduktiv zusätzliche Ängste zu schüren, meint der Geschäftsführer der Competent Investment Management GmbH aus Coswig. Die Politik sollte in der Krise auch die private Nachfrage stützen und keine Sparmaßnahmen beschließen. „Alle aktuellen Studien zeigen einen dramatischen Vertrauensverlust in die gesetzliche Rente“, kommentiert Competent Investment Management Chef Sven Thieme. „Die Politik sollte alles tun, um diesen Negativtrend zu stoppen.“

Altersvorsorge in der Krise nicht vernachlässigen

Eine aktuelle Umfrage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen zeigt die große Verunsicherung im Land. Jeder dritte Deutsche befürchtet durch die Corona-Krise negative Auswirkungen für die eigene Altersvorsorge. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yourgov im Auftrag des Versicherungsmaklers Clark. „Börsenturbulenzen, dauerhafte Niedrigzinsen auf sichere Kapitalanlagen und sinkende gesetzliche Rentenansprüche haben zu massiven Ängsten vor Altersarmut geführt“, kommentiert Competent Management Chef Sven Thieme.

Dennoch führt an einer privaten Altersvorsorge kein Weg vorbei. Mit einer guten Strategie und einem langen Atem sei der Vermögensaufbau auch in wirtschaftlich schwierigen Zeit möglich, ist Thieme überzeugt. „Wer gut für die Zukunft gewappnet sein will, sollte sich frühzeitig informieren“, sagt der Competent Investment Management Geschäftsführer.

Und die Krise bietet auch Chancen: Risikoaffine Anleger können gezielt ihr Aktienportfolio ausbauen oder Indexfonds zu günstigen Preisen erwerben. Und auch Sachwerte wie Gold und Silber steigen derzeit stark im Wert. Investoren sollten allerdings vermeiden alles auf eine Karte zu setzen und stattdessen ihr Vermögen auf möglichst viele Anlageklassen verteilen, rät Competent-Chef Sven Thieme: „Gerade in Krisenzeiten schützt Diversifikation vor hohen Verlusten.“