Reisemängel: Welche Rechte Urlauber haben und wie sie sie durchsetzen können

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Mit einem Urlaub verbinden Reisende stets Erholung, Spaß und das Genießen einer neuen Umgebung. Kein Wunder also, dass Vorfreude schon Wochen vor der Abreise das wohl wichtigste Gefühl ist. Wandelt sich diese Emotion jedoch in Enttäuschung oder gar Wut, weil die eigenen Erwartungen nicht erfüllt und Versprechen des Reiseveranstalters nicht eingelöst wurden, liegen häufig Reisemängel vor. Diese jedoch müssen Urlauber nicht einfach hinnehmen, sondern können sich wehren.

Wann liegt ein Reisemangel vor?

Um einen Mangel handelt es sich immer dann, wenn sich die getätigten Aussagen eines Reiseveranstalters zum Zeitpunkt der Buchung nicht mit den Erfahrungen bei Anreise, Aufenthalt oder auch Abreise decken. Müssen Urlauber hier Einschränkungen in Kauf nehmen, die so nicht geplant oder kommuniziert wurden, können sie die Behebung des Problems oder auch eine finanzielle Entschädigung fordern.

Unvorhergesehener Baulärm auf Reisen kann die Urlaubsfreude trüben. (Quelle: pixabay.com, MichaelGaida, 1549063 (CC0-Lizenz))

Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Kroll & Partner nennt folgende Optionen bei einem Reisemangel:

  • Rücktritt noch vor der Reise
  • Abbruch der Reise
  • Verlangen von Abhilfe
  • Minderung des Reisepreises
  • Verlangen von Schadensersatz
  • und auch Entschädigung wegen der Verschwendung der Urlaubszeit.

Indes sind die Bereiche, in denen sich ein Reisemangel zeigen kann, sehr vielfältig. Der erste hat schon zu Beginn des Urlaubes Gewicht, denn gibt es bei der Anreise Probleme – etwa aufgrund einer Verspätung oder dem Bieten einer niedrigeren Klasse im Flugzeug – handelt es sich schon vor der Ankunft am Urlaubsort um einen Mangel.

Doch auch die Ausstattung der Ferienunterkunft kann mangelhaft sein. Zu kleine Zimmer, statt eines eigenen ein Gemeinschaftsbad oder auch die Schließung des versprochenen Pools sind Punkte, die Reisende nicht hinnehmen müssen. Gleiches gilt für die Verpflegung vor Ort. Eintönige Menüs, verschmutztes Geschirr oder gar verdorbene Lebensmittel sind Punkte, die Reisenden das Recht auf Entschädigung bieten. Und werden Urlauber nicht in ihrem gebuchten Hotel, sondern an ganz anderer Stelle untergebracht, ist das Vorliegen eines Reisemangels keine Auslegungssache. Ebenso liegt ein Mangel vor, wenn direkt neben dem Hotel eine nicht kommunizierte Baustelle liegt und für unangenehmen Lärm sorgt.

Die Frankfurter Tabelle als Richtschnur für Betroffene

Finanzielle Entschädigung und eine Minderung des Reisepreises werden vor allem dann verlangt, wenn ein Mangel vor Ort nicht behoben werden kann. Gelingt es dem Reiseveranstalter also nicht, seine zuvor getroffenen Aussagen zu erfüllen und müssen Reisende während des Urlaubs mit Mängeln leben, kann eine individuelle Minderung verlangt werden. Meist wird diese als prozentualer Anteil des gesamten Reisepreises errechnet.

Wie hoch die Minderung letztendlich ausfallen kann, ist nur individuell zu beantworten. Es gibt jedoch die sogenannte Frankfurter Tabelle, die Betroffenen dabei helfen kann, ihre Ansprüche genauer zu definieren. Bei dieser Tabelle handelt es sich nicht um eine rechtsverbindliche Vorgabe, sie kann die Kommunikation mit dem Reiseveranstalter und das Durchsetzen von angemessenen Preisminderungen jedoch deutlich erleichtern.

Prozentuale Minderungen des Reisepreises sind bei einem Mangel denkbar. (Quelle:pixabay.com, jarmoluk, 256296 (CC0-Lizenz))

So ist es laut Tabelle möglich, den Reisepreis zwischen fünf und zehn Prozent zu mindern, wenn das Hotelzimmer über eine zu geringe Fläche verfügt. Fehlt der versprochene Balkon, obwohl sich Reisende schon auf den Ausblick auf den Mittelmeerstrand gefreut hatten, können ebenfalls fünf bis zehn Prozent Minderung winken. Entfällt die Verpflegung vor Ort vollständig, ist der Tabelle nach eine Preisminderung um rund fünfzig Prozent denkbar, während Reisende für einen verschmutzten Strand zwischen zehn und zwanzig Prozent Minderung verlangen können. Einen detaillierten Überblick mit Prozentsätzen und möglichen Szenarien bietet tabelle.info. Hilfreich kann außerdem eine sehr umfangreiche Liste des ADAC sein, die sich ebenfalls mit Mängeln und deren finanziellem Ausgleich beschäftigt.

Wichtig für Reisende ist das Wissen, dass ein Reisemangel häufig nur dann vorliegt, wenn der Reiseveranstalter zuvor Zusagen gemacht und diese nicht eingehalten hat. Wurde Urlaubern beispielsweise kein Zimmer mit Balkon zugesagt und müssen sie auf Reisen hierauf verzichten, handelt es sich nicht um einen Mangel. Manche Mängel liegen jedoch auch ohne Zusage vor. So sollten Urlauber davon ausgehen können, weder verschmutzte Räume, schlechtes Essen oder grünes Poolwasser vorzufinden.

Was tun, wenn ein Mangel vorliegt?

Fällt am Urlaubsort auf, dass die versprochene Leistung oder Qualität nicht eingehalten wird, sollten Reisende umgehend handeln. Es ist wichtig, schon vor Ort eine sogenannte Mängelanzeige an den Reiseveranstalter zu richten und die sofortige Behebung des Mangels zu verlangen. Wer dies nicht tut, bringt sich im Zweifel um das Recht auf Entschädigung. Es ist möglich, den Mangel sowohl schriftlich als auch mündlich zu kommunizieren, wobei der schriftliche Weg stets besser beweisbar ist. Die Mängelanzeige sollte niemals an das Hotel selbst gerichtet werden, sondern stets an den Reiseveranstalter. Eine Ausnahme bildet selbstverständlich der Fall einer Buchung direkt über das Hotel.

Wer keine Mängelanzeige vor Ort gemacht hat, muss die Option auf Entschädigung dennoch nicht in allen Fällen abschreiben. So gibt es Ausnahmeszenarien, bei denen die eigenen Ansprüche auch ohne eine solche Anzeige durchgesetzt werden können. Hierzu gehören unter anderem:

  • erfolglose Versuche, den Reiseveranstalter vor Ort zu erreichen
  • Krankheit des Urlaubers während der Reise
  • das Wissen des Reiseveranstalters über bestehende Mängel.

Auch sind Reiseveranstalter grundsätzlich dazu verpflichtet, ihre Kundschaft über Paragraph 3 der Informationsverordnung in Kenntnis zu setzen. Ist dies jedoch nicht geschehen und wusste der Reisende daher nicht, dass er eine Anzeige vor Ort machen muss, bleiben die Ansprüche erhalten.

Ein Anwalt kann beim Durchsetzen von Ansprüchen hilfreich sein. (Quelle: pixabay.com, StockSnap, 2561221 (CC0-Lizenz))

Es lohnt sich, vor Ort so viele Beweise für den Mangel zu sammeln wie nur möglich. Mit Fotos oder Videos, offiziellen Bestätigungen von Fluggesellschaft oder Hotel und auch den Anschriften von anderen Urlaubern, die den Mangel bezeugen können, verschaffen sich Betroffene eine bessere Argumentationsgrundlage, falls es zum Streit kommt.

Innerhalb eines Monats nach der Rückkehr aus dem Urlaub sollten sich Reisende dann schriftlich an den Reiseveranstalter wenden und ihren Anspruch deutlich machen. Es kann hilfreich sein, schon hier einen Anwalt zu Rate zu ziehen, um bei diesem Schritt keinen Fehler zu machen. Vor allem wenn der Reiseveranstalter die Beschwerde ignoriert, kann der Anwalt dafür sorgen, dass die Angelegenheit konsequent verfolgt wird. Geschieht das nicht, könnten die eignen Ansprüche nach zwei Jahren verjährt sein.

Doch auch vorschnell verschickte Schecks des Reiseveranstalters sollten gründlich geprüft werden. Ist die angebotene Entschädigung nämlich zu niedrig und nehmen Betroffene sie dennoch an, gehen künftige Ansprüche gänzlich verloren. Niemals akzeptieren sollten Reisende alternative Leistungen wie beispielsweise Gutscheine, denn diese werden dem Anspruch auf Entschädigung in keinster Weise gerecht.